Wappen und Siegel sind eine wichtige Fundgrube für die historische Forschung, zum Beispiel auch für die Familienkunde.
Heraldik, also Wappenkunde und Sphragistik, die Siegelkunde, sind untrennbar miteinander verbunden. Siegel und Wappen dürfen dennoch nicht miteinander verwechselt werden.
Siegel zählen zu den ältesten heraldischen Quellen. Aus Siegelbildern sind – vor allem in den Städten – viele Wappen hervorgegangen. Siegel waren schon in der Antike als Sicherung von Verschlusssachen bekannt. Im Mittelalter entwickelte sich das Siegelwesen zu einem selbstständigen Rechtsmittel zur Beurkundung. Vor allem der hohe Adel übernahm das Siegel schon im 10. Jahrhundert. Die Städte siegelten ab dem 12. Jahrhundert, die Handwerkerzünfte 200 Jahre später mit eigenen, oft kunstvoll gestalteten Zunftsiegeln. Ab dem 17. Jahrhundert wuchs der Gebrauch auch von Familienzeichen bis ins 19. Jahrhundert, wobei heute im Privatbereich ein Siegel keine Bedeutung mehr hat und ein Rechtsgeschäft durch die Unterschrift „besiegelt“ wird.
Das älteste Siegel von Bretten ist die fünfblättrige Eberstein Rose aus einer Urkunde von 1283. Bretten gehörte von 1158 bis 1349 den Grafen von Eberstein, die ihren Sitz in Gochsheim hatten. Ob Bretten auch ein Wappen mit der Ebersteiner Rose hatte, ist nicht eindeutig feststellbar.
Wappen und Wappenkunst entwickelten sich zunächst mit dem Turnierwesen. Unter den Ritterrüstungen waren die Ritter nicht mehr erkennbar und trugen die Wappen ihrer Fürsten, bis sie Ende des 13. Jahrhunderts ihre eigenen Wappen trugen. Auch als Feld- und Heereszeichen waren Wappen zur Unterscheidung im Kriegsgetümmel wichtige Symbole. Es entstanden die Landeswappen und die erblich gewordenen Geschlechterwappen der Familien.
Als im Jahre 1349 Ottmann und Berthold von Eberstein Bretten aus Geldnot an die Kurpfalz verkauften und Bretten pfälzisches Oberamt wird, erscheinen erstmals im Jahre 1359 die Pfälzisch-Bayrischen Rauten im Stadtwappen. Die Urkunde des Brettener Schultheißen und Richters Konrad Kromer vom 22. November 1359 belegt die silber-blauen, senkrecht gesetzten Rauten. Alle späteren Siegel und Wappen gehen, mit geringfügigen Änderungen, auf dieses erste Wappenbild zurück. Zu dieser Zeit regierten in der Kurpfalz die Wittelsbacher, eines der ältesten deutschen Adelsgeschlechter, die ursprünglich aus Bayern stammten. Ob das Stadtwappen mit den Wittelsbacher Rauten verliehen wurde, ist nicht bekannt. Die meisten Städte haben ihre Wappen selbst gewählt.
Die bayrischen Rautezeichen sind ein sehr altes Wappenzeichen. Die älteste Darstellung findet sich auf einem Grabstein aus dem Jahre 1156. Die Zahl der Rauten wurde mehrmals verändert und schließlich, wie auch die Farbenwahl, heraldisch festgesetzt.
Im Brettener Stadtwappen sind die Rauten allerdings senkrecht gestellt im Vergleich zu den diagonal laufenden Rauten im bayrischen Rautenbild. Diese Gestaltung wurde auch mit dem Besitzwechsel im Jahre 1803 beibehalten, als Bretten, nach über 450 Jahren Zugehörigkeit zur Kurpfalz, badische Amtsstadt wurde.
Seitdem sind die Farben der Stadt blau-weiß (in Bayern weiß-blau). Dieses nun seit über sechs Jahrhunderten überlieferte Stadtwappen wurde 1960 von der Stadtverwaltung als verbindlich festgelegt.
Im Vergleich zu den Wappen der Stadtteile wirkt das Stadtwappen eher schlicht und langweilig. Andererseits spiegelt das Wappen die Bedeutung der einstigen kurpfälzischen Oberamtsstadt und Badischen Amtsstadt (1803-1936) bis zur Großen Kreisstadt (1.1.1975) wider. Die Wappen der Stadtteile sind deutlich später entstanden und sind heute Traditions- und Identifikationssymbole ohne Rechtscharakter.
Wolfgang Stoll
Quellen:
https://www.bayern.landtag.de/…/staatssymbole/bayerisches-staatswappen
Stadtarchiv Bretten, Alexander Kipphan, Das Wappen der Stadt Bretten 2009
Heinrich Schlörer, Gemeindesiegel, Pfeiferturm Nr. 5/6 vom Mai/Juni 1942, S. 22-24
Stadtinformation Bretten, Aus dem Wappenbuch des Landkreises Karlsruhe 1986.