Der 30-jährige Krieg 1618 – 1648

Der 30-jährige Krieg (1618–1648) war der erste paneuropäische Konflikt in der Geschichte der Menschheit. Er begann als Religionskrieg, entwickelte sich aber rasch zu einem Hegemonialkrieg um die politische Vormachtstellung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.

Die kurpfälzische, dem kalvinistisch-reformierten Glaubensbekenntnis angehörende Stadt Bretten (damals: Breteheim) ist von Anfang an in diesen Krieg verwickelt. Als der kalvinistisch-reformierte Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz – Brettens damaliger Landesherr – von den aufständischen böhmischen Protestanten im August 1619 die Königskrone Böhmens annimmt, eskaliert der Konflikt zwischen dem katholischen Herrscherhaus Habsburg und den protestantischen Landesfürsten, der mit dem Prager Fenstersturz am 23. April 1618 begonnen hat.

Das damalige Mitteleuropa verwandelt sich in den folgenden 30 Jahren zuerst in ein Schlachthaus, dann in ein Massengrab: Mehr als ein Drittel der Bevölkerung wird ausgelöscht. So ist es auch in Bretten: Zu Beginn des Krieges hat die Stadt ca. 2100 Einwohner; am Ende des Krieges sind es noch knapp 1000.

In den ersten 14 Jahren des Krieges und im Schnitt hat Bretten deutlich weniger gelitten als die meisten anderen Städte und Dörfer der rechtsrheinischen Pfalz und des Kraichgaus. Militärisch betrachtet war Bretten eher Durchzugs- und Versorgungsgebiet bzw. Truppenhauptquartier als Kriegsschauplatz; die entscheidenden Schlachten dieses Krieges wurden andernorts geschlagen.

Der Krieg erreicht die Stadt Bretten zwei Jahre nach der Krönung ihres Kurfürsten zum König von Böhmen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Friedrich V. bereits im Exil: Den Kampf um Böhmen und seine Krone hat er innerhalb eines Jahres verloren.

Ab 1621 erobern die Truppen der Katholischen Liga unter dem kaiserlichen Feldmarschall Tilly die links- und rechtsrheinischen Gebiete der Pfalz. Auch das rechtsrheinische Bretten wird eingenommen und in den folgenden Jahren rekatholisiert. Anders als 1504, im Landshuter Erbfolgekrieg, verteidigt sich Bretten nicht bis zum Äußersten, sondern kapituliert kampflos – und erspart sich damit ein Gemetzel, wie es 10 Jahre später von Tilly in Magdeburg verübt wird. Die kampflose Übergabe war damals für eine belagerte Stadt die einzige Chance auf Schonung. Wer gekämpft hat bis zuletzt und erobert wurde, hatte keine Gnade zu erwarten.

Im 30-jährigen Krieg hat Bretten konsequent an dieser Überlebensstrategie festgehalten: Man hat sich kampflos ergeben und die geforderten Kontributionen (Lösegelder) gezahlt, so lange man konnte. Bereits nach wenigen Kriegsjahren war die Stadt deshalb hoch verschuldet, was wiederum zu Plünderungen an Vieh, Wein und Lebensmitteln geführt hat – und damit zu Hungersnöten und Seuchen, vor allem zwischen 1632 und 1637.

Obwohl es im Verlauf der zahlreichen Truppendurchzüge gewiss auch in Bretten zu Ausschreitungen und Kriegsverbrechen gekommen ist, hat die Stadt in den ersten 10 Kriegsjahren nicht allzu viel zu leiden.

Den schlimmsten Schicksalsschlag im Verlauf dieses Krieges muss Bretten am 24. August 1632 hinnehmen, dem Tag der Einnahme und Plünderung der Stadt durch kaiserlich-katholische Truppen unter den Obristen Ossa und Montecuccoli. Bretten stand damals unter schwedischer Besatzung, wobei sich sagen lässt, dass sich die Schweden in Bretten recht zivilisiert aufgeführt haben – immerhin waren sie ja Verbündete des vertriebenen Kurfürsten Friedrichs von der Pfalz, des „Winterkönigs“. Unter Ossa und Montecuccoli dagegen wird die Stadt – obwohl sie sich ergeben hat – ausgeplündert, die Pforten verbrannt und das Mauerwerk zum Teil zerstört. Besonders die Wegführung des gesamten Viehs führt in den nächsten drei Jahren zu katastrophalen Hungersnöten und Seuchen.

Im Jahre 1645 hat Bretten noch einmal zu leiden: unter französischer Besatzung wird die Stadt ein weiteres Mal geplündert und „auff das euserste ruiniert und verderbt“. Regelrecht verwüstet wie viele andere Teile der rechtsrheinischen Kurpfalz oder wie die linksrheinische Seite wurde Bretten allerdings nie – und unter der Herrschaft der katholisch-bayerischen Wittelsbacher durchaus anständig verwaltet.

Nach dem Ende des Krieges wird für die Kurpfalz eine neue (8.) Kurie eingerichtet: Landesherr (auch von Bretten) wird der kalvinistisch-reformierte Kurfürst Karl I. Ludwig, der älteste überlebende Sohn des „Winterkönigs“. Der erlässt sofort sog. »Einwanderungspatente«, um sein Land neu zu bevölkern. Damit lockt er vor allem Schweizer aus deutschsprachigen Kantonen in die verwüsteten Regionen. Nach 1650 kamen geschätzt ca. 10.000 Schweizer in die Kurpfalz, rund ein Fünftel davon nach Heidelberg.

Dr. Holger Jörg

 

Verwendete Fachliteratur:

Willy BICKEL, Kraichgau und Bruhrain während des 30-jährigen Krieges. In: Der Pfeiferturm. Beiträge zur Heimatgeschichte und Volkskunde Brettens und seiner Umgebung. Hrsg.: Ortsgruppe Bretten des Landesvereins Bad. Heimat, Nr. 7/1949 – Nr. 3/1950. Beilage der Brettener Nachrichten, 1949/50.

Alfons SCHÄFER, Geschichte der Stadt Bretten, Bd. I: Von den Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1689. Brettener stadtgeschichtliche Veröffentlichungen. Hrsg. von der Stadt Bretten, 1977.

 

 


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